„Telematiker:innen können nicht „nur“ programmieren.“, so Valentin, Student der Telematik an der Technischen Hochschule Wildau und am Hasso-Plattner-Institut
Der Studiengang Telematik ist an der Technischen Hochschule Wildau (THW) der einzige in ganz Deutschland. Gerade die Arbeit mit Robotern hat Student Valentin gecatcht. Praktika machte er direkt an der THW im RoboticLab Telematik. Und jetzt studiert er IT-Systems Engineering am Hasso-Plattner-Institut (HPI) der Universität Potsdam und steht kurz vor dem Abschluss im Master.
Sorry, aber da müssen wir nochmal genauer nachfragen, um welchen Studiengang es sich hier eigentlich handelt und wie Valentin, aktuell Masterstudent und Autor dieses Artikels, seine Laufbahn durch die Telematik sogar an verschiedenen brandenburgischen Hochschulen absolviert.

Lieber Valentin, viele wissen vor Start des Studiums so gar nicht, was sie studieren möchten: Wie war das bei dir und warum hast du dich für den Studiengang Telematik entschieden?
Ab der 9. Klasse hatte ich durch verschiedene Schulprojekte meine Begeisterung für Programmierung entdeckt und war mir recht sicher, dass es im Studium in Richtung Informatik weitergehen wird. Nun ist Informatik natürlich etwas, was an so gut wieder jeder Hochschule und Universität in verschiedensten Ausprägungen angeboten wird und damit war die endgültige Wahl keineswegs weiter eingeschränkt. Das ausschlaggebende Ereignis war ein Vortrag von Prof. Dr. Janett Mohnke – der Studiengangsprecherin der Telematik an der TH Wildau – an meiner alten Schule, in dem sie über den Studiengang und dessen Inhalte berichtet hat.

Welche Studieninhalte hat die Telematik?
Telematik generell ist als Studiengang recht unbekannt und die Frage nach den Inhalten ist stets eine der ersten – berechtigterweise, da der Studiengang Telematik an der TH Wildau der einzige in Deutschland ist. Sowohl das Wort „Telematik“ als auch der Studiengang vereinen Telekommunikation mit Informatik. Einfach gesprochen könnte man es als sehr praxisorientierte, angewandte Informatik mit vernetzten Systemen bezeichnen. Der große Unterschied zu „normaler“ angewandter Informatik von anderen Hochschulen sind die größeren Einflüsse von Elektro- und Funktechnik, und die daraus resultierenden Einblicke in telematische Systeme wie Fahrzeugtechnik, Hausautomatisierung und Robotik. Gerade die Arbeit mit Robotern hat mich damals in der Schule direkt gecatcht. Auf der anderen Seite war auch genau der Aspekt der Elektrotechnik zunächst ein Unsicherheitsfaktor für mich. Ich war noch nie großer Fan von Elektrotechnik und wusste nicht, ob ich mir das im Studium wirklich intensiver antun möchte. Wie sich aber glücklicherweise herausgestellt hat, ist die im Studium angewandte Elektrotechnik viel angenehmer als die abschreckende trockene Theorie dahinter. Und mittlerweile entwerfe ich eigene Leiterplatten und baue damit Roboter ;-)
Und letztendlich ist es auch das, was Telematik so besonders macht:

Telematiker:innen können nicht „nur“ programmieren. Wenn es praktische Probleme in der realen Welt gibt, dann können wir auch mit der entsprechenden Hardware umgehen und entsprechende intelligente Lösungen schaffen.
Wie gestaltete sich das duale Studium für dich, also der praktische Teil, und welche Vorteile konntest du daraus ziehen?
Telematik wurde offiziell als duales Studium bezeichnet, verläuft aber anders als normale duale Studiengänge. Wir hatten keine Kooperation mit einer Firma und waren wechselweise dort arbeiten und in der Uni. Stattdessen gibt es während des Bachelors fest in den Studienplan integrierte Pflichtpraktika. Diese Praktika sorgen dafür, dass man vom 2. bis zum 5. Semester jeweils etwas kürzer Vorlesungszeit, dafür aber anschließend eine 6-wöchige Praxisphase hat. Wo man das Praktikum macht, ist einem selbst überlassen. Ich habe drei der Praktika direkt an der TH Wildau im RoboticLab Telematik gemacht und dort an verschiedenen Projekten für den Studiengang oder die Hochschule mitgewirkt. Für das vierte Praktikum bin ich zur IAV gegangen, einer Softwarefirma für die Automobilbranche in Berlin. Ich habe mich immer sehr über die Praktikumszeiten gefreut, da man dort nicht nur die Aufgabe, sondern auch die Zeit hatte, sich intensiv mit echten Projekten zu beschäftigen, die auch wirklich gebraucht wurden und nicht nur akademisch waren. Letztendlich haben genau diese Praktika dafür gesorgt, dass die vielen Inhalte der Vorlesungszeiten auch direkt angewandt und gefestigt werden konnten. Und das war auch eines der Argumente für die Telematik, die ich während des ausschlaggebenden Vortrags mitgenommen habe:

„Man muss als Telematiker:in nach dem Studium nicht erst aus der theoretischen Welt in die praktische Welt geführt und eingearbeitet werden; man ist schon als Student die ganze Zeit in der praktischen Welt drinnen!“.
Gibt es besondere praktische Erfahrungen während des Bachelorstudium der Telematik an der TH Wildau?
Das Bachelor-Studium ist geprägt von Projektarbeiten – je weiter man im Studium ist, desto mehr Projekte gibt es. Als besondere Highlights habe ich die beiden Robotik-Projekte im fünften und sechsten Semester in Erinnerung. In diesen Projekten durften wir (bzw. mussten) dann endlich den Robotern Leben einhauchen, mit denen der Studiengang von Anfang an geworben hat. Dass das teilweise gar nicht so trivial ist, bekommt man während dieser Projekte auch selbst mit. Das hat zu vielen Herausforderungen und teilweise auch etwas Frust geführt, aber umso größer war die Freude und das Erfolgserlebnis bei funktionierenden Ergebnissen. Und wer gar keine Lust auf Robotik hat, kann in den letzten Semestern über das Wahlpflichtangebot sich in verschiedenen anderen Bereichen spezialisieren.
Für mich persönlich war eine ganz großartige Möglichkeit die Mitarbeit als Werksstudent im RoboticLab der Telematik, die mir bereits ab dem zweiten Semester geboten wurde. Das wurde überhaupt erst durch die familiäre Atmosphäre im Studiengang und den engen Kontakt zu den Dozent:innen ermöglicht, wodurch ich mit Prof. Mohnke in den gemeinsamen Austausch zu spannenden Projekten gekommen bin. Fast acht Jahre habe ich daraufhin bis zuletzt im RoboticLab Telematik gearbeitet, Projekte umgesetzt, meine Bachelorarbeit geschrieben, Abschlussarbeiten und etliche Praktika betreut.

Wieso hast du dich für die THW entschieden? Gab es eine Alternativhochschule?
Für den Notfall hatte ich mich nicht nur an der TH Wildau beworben, sondern auch an der Hochschule für Technik und Wirtschaft in Berlin-Schöneweide. Da Telematik allerdings NC-frei war und ist, hatte ich mir keine Sorgen gemacht, dort auch wirklich mit dem Studium beginnen zu können.
Neben den Studieninhalten der Telematik, die mich begeistert haben und die man so auch nur an der TH Wildau findet, gab es weitere Gründe für ein Studium in Wildau. Meine Mutter arbeitet an der TH Wildau, wodurch ich schon von Kind an Kontakt zu der Hochschule hatte. Ich erinnere mich auch immer noch gerne an die Besuche der angebotenen Kinderuniversität. Auch in der Schule haben wir einige Angebote der THW wahrgenommen, unter anderem die Schüler-Ingenieur-Akademie, in welcher wir Mars-Rover mit Lego Mindstorms-Robotern gebaut haben. Insgesamt war mir die THW einfach sehr vertraut und es fühlt sich „richtig“ an, dort auch zu studieren. Und auch jetzt nach vielen Jahren kann ich immer noch sagen, dass der Campus und das Flair der THW wunderschön sind.

Dein Highlight an der THW, dein Lieblingsplatz, deine schönste Erinnerung an die THW sind…?
Direkt kommen mir zwei Erinnerungen in den Kopf: Einmal die bereits angesprochenen beiden Robotik-Projektarbeiten, bei denen ich und meine beiden Teampartner, mit denen ich nach wie vor eng befreundet bin, jeweils bis spät abends gemeinsam Ideen ausgearbeitet, Fehler behoben, und viel Spaß gehabt haben. Dies haben wir hauptsächlich im kleinen Lager- und Werkstatt-Raum zwischen den größeren Telematik-Laboren gemacht, den ich heute genau deswegen auch immer noch sehr gerne mag.
Die zweite Highlight-Erinnerung ist die LogicBox als mein erstes Projekt im RoboticLab Telematik. Das ist ein selbstentworfenes und -gebautes Steckbrett, mit dem Schaltungen aus der Technischen Informatik praktisch simuliert und getestet werden können. Seit ich diese 2017 fertiggestellt habe, wird sie jedes Jahr aufs Neue beim Hochschulinformationstag und zum Ende des ersten Bachelor-Semesters eingesetzt, um Schüler:innen spaßige Knobelaufgaben bzw. den Studierenden nach der vermittelten Theorie eine praktische Zusammenfassung des Semesters zu geben. Gerade erst vor ein paar Wochen bin ich zufällig am Telematik-Labor vorbeigelaufen, wo eine Gruppe Student:innen genau diese letzte Vorlesung mit den LogicBoxen hatte und diese gerade herausgeholt und erklärt wurden. Immer wieder schön zu sehen, dass ich damit eine Kleinigkeit für nachfolgende Generationen hinterlassen habe.

Wann hast du beschlossen, dass du einen Master machen möchtest und warum hast du diesen am HPI begonnen?
Ich wollte auf alle Fälle einen Master machen, um noch mehr interessante Dinge mitzubekommen. Deswegen habe ich nach dem Bachelor auch direkt mit dem Telematik-Master an der TH Wildau weitergemacht und fand das auch großartig. Da kann ich mich noch am besten an das Bildverarbeitungsprojekt als Highlight erinnern, in dem wir ein autonom fahrendes Mini-Auto programmieren konnten.
Dass ich nach zwei Master-Semestern in den Studiengang IT-Systems-Engineering an das HPI und damit an die Uni Potsdam gewechselt bin, hatte zwei Gründe: Erstens gab es einige Inhalte der Informatik wie z. B. Künstliche Intelligenz, die damals gerade so richtig interessant wurden, aber in der Telematik noch nicht gelehrt wurden. Nachdem ich die Telematik also gefühlt so gut wie ausgeschöpft hatte, wollte ich einfach nochmal eine andere Uni auszuprobieren und gucken, ob da noch andere Perspektiven, Themen und Potentiale auf mich warten.
Der zweite Grund war das Gefühl, noch nicht mit dem Studium aufhören zu wollen. Damals fand ich die Vorstellung extrem öde, noch die Masterarbeit zu schreiben, aber danach direkt in den Vollzeitjob zu starten. Das ist auch der Grund, warum ich zum Wechsel an das HPI in den Studiengang IT-Systems Engineering keinerlei Prüfungen aus Wildau hab anrechnen lassen und stattdessen bei null angefangen habe.
Dass es das HPI wurde, war übrigens keineswegs länger geplant. Im Nachhinein habe ich mitbekommen, dass es durchaus viele Student:innen und auch Telematiker:innen gibt, die ursprünglich versucht haben, dort angenommen zu werden. Ich hingegen kannte das HPI recht lang überhaupt nicht. In einem Gespräch mit einem Freund über die Zukunftsvorstellung meinte dieser in einem Nebensatz: „Was ist denn mit dem HPI? Wäre das nicht was für dich?“. Nachdem ich mir dieses daraufhin genauer angeguckt und den Tag der offenen Tür besucht habe, wusste ich: Ja, das wäre was! Ich wusste auch, dass die Plätze am HPI sehr umkämpft sind. Die Bewerbung war also ein Versuch mit dem klaren Hintergedanken, dass es nicht schlimm wäre, nicht angenommen zu werden, weil ich mit der Telematik an sich auch sehr zufrieden war. Natürlich war die Freude dann trotzdem groß, als es geklappt hat.

Dein Highlight am HPI, dein Lieblingsplatz sind…?
Auch die Zeit am HPI hat viele Highlights mit sich gebracht. Das größte Highlight ist der neue Freundeskreis, den ich in Potsdam dazugewonnen habe. Ich habe viele super tolle Menschen kennenlernen dürfen, mit vielen bin ich jetzt auch nach dem Studium noch gut befreundet und regelmäßig in Kontakt und viele davon haben genauso wie ich auch vor in Potsdam zu bleiben.
Eine Sorge, die ich (genauso wie wahrscheinlich viele andere Externe) beim Wechsel zum HPI hatte, war die Ungewissheit, ob ich ohne vorherige Uni-Erfahrung und „nur“ von einer Hochschule kommend am HPI mithalten kann. Das Telematik-Studium ist primär auf praxisrelevantes Wissen ausgelegt und hat in diesem Gebiet eine großartige und breite Grundlage vermittelt, aber die Sorge über teilweise fehlendes Wissen im theoretischen Bereich hat sich direkt im ersten Semester am HPI bewahrheitet. Das hat dazu geführt, dass ich im Durchschnitt pro Semester nur Vorlesungen und Seminare für 21 Credit Points statt der für Regelstudienzeit geforderten 30 CP belegt habe. Dadurch hatte ich die Zeit, mich intensiver mit den neuen Themen zu beschäftigen und mir fehlendes Wissen anzueignen. Dass das geklappt hat und ich als Außenseiter gut mit den „Original-HPIlern“ mithalten konnte, war ein weiteres Highlight.
Mein Lieblingsplatz am HPI ist der kleine Hauptcampus vor dem Hauptgebäude am Bahnhof Griebnitzsee, wo ich bei einem HPI-Sommerfest meine Freundin kennengelernt habe und wo wir uns mittlerweile am selben Ort auch verlobt haben. Der Campus ist so oder so auch wirklich schön, aber diese Erinnerung wird immer besonders bleiben.

Rückblickend kann ich sagen, dass das sehr angenehm war, nicht durchs Studium zu hetzen. Als ich mit dem Studium angefangen habe, war ich noch der Meinung, man müsse in Regelstudienzeit durchkommen und möglichst schnell mit Arbeit beginnen. Aber gerade das Masterstudium bietet so einen guten Raum, sich etwas langsamer und dafür ausführlicher mit Dingen zu beschäftigen, die einen interessieren, und das Studentenleben nochmal abschließend zu genießen. Vollzeit arbeiten kann man anschließend immer noch lange genug (was nicht heißt, dass ich nicht auch großer Verfechter von Werksstudentenstellen neben dem Studium bin, um bereits praktische Erfahrung zu sammeln).
Hattest du vor deiner Studienwahl einen Berufswunsch oder hat sich dieser im Studium verändert?
Ich habe nie große Zukunftspläne im Kopf gehabt. Als ich Informatik entdeckt habe, wusste ich, dass ich höchstwahrscheinlich damit coole und nützliche Projekte umsetzen möchte. Und diesen recht unspezifischen Wunsch hatte ich während des Telematik-Studiums und habe ich jetzt nach dem Studium am HPI nach wie vor! Ansonsten gehe ich gerne mit einer sehr optimistischen Einstellung durchs Leben, dass sich immer und überall gute Gelegenheiten ergeben werden und diese so gut es geht genutzt werden sollten. Derzeit habe ich eine solche gute Gelegenheit in einem tollen Forschungsprojekt an der THW, also quasi wieder back to the roots. Und genauso bin ich mir sicher, dass es danach mit guten Gelegenheiten weitergehen wird!
Durch verschiedene Berührungspunkte hat sich mein Berufswunsch während des Studiums immer mehr zu Medizin-Robotik bzw. generell Projekten im Gesundheitssektor gewandelt. Gerade in diesem Bereich sehe ich so viel Potential in Zukunft einen positiven Impact für das Wohlergehen von Menschen zu haben. Und in vielen Teilbereichen gibt’s da in Deutschland auch noch viel zu tun 🤓.
Wer hat dich bei deinen Entscheidungen beraten?
Nun, diese Frage bekommt die langweiligste Antwort;-): Natürlich standen mir meine Eltern immer beiseite, natürlich habe ich viel mit Freunden über alles Mögliche gequatscht, aber mehr gibt’s dazu nicht zu sagen.
„Mega Interview und was für ein toller Überblick, was alles an den brandenburgischen Hochschulen möglich ist!“ – Denkst du dir? Und recht hast du. Viele duale und nicht-duale Studiengänge bieten schon im Studium durch vielseitige praktische Erfahrungen eine Art Berufsvorschau und schärfen deine fachlichen, persönlichen aber auch kommunikativen Tätigkeitskompetenzen. Stehst du – wie damals Valentin – vor dem Studium noch vor der Blackbox Beruf? Kein Problem. Im Studium wirst du deinen Blick für mögliche Berufsfelder weiten und Schritt für Schritt eine Idee, einen Wunsch und einen Willen für eine bestimmte Profession erlangen. Valentins Bericht zeigt einmal mehr, dass sowohl die Studien- als auch die Berufswahl von schrittweisen Entdeckungen geprägt sind und welch bedeutende Rolle hier das Studium einnimmt. Besonders spannend: Die positive Verzahnung der brandenburgischen Hochschulen, die dir im Land Brandenburg klare Vorteile bringt.
Lieber Valentin, danke für die Inspiration und alles Gute für Deine Zukunft!
Weiterführende Informationen Technische Hochschule Wildau
Studiengangkontakt Telematik (B. Eng.)
Prof. Dr. rer. nat. Janett Mohnke
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