Spot on Wissenschaft! Interview mit Victoria Schemenz, Studentin in der Physik der Universität Potsdam und Promotionsstudentin am Max-Planck-Institut für Kolloid- und Grenzflächenforschung
Liebe Victoria,
…was hast du studiert und wo?
Ich habe meinen Bachelor in Physik an der Universität Potsdam absolviert. Danach bin ich für meinen Physikmaster nach Karlsruhe gegangen, um mal eine andere Kultur kennen zu lernen. Nach dem Studium wollte ich gern in der Forschung bleiben, weil ich es sehr spannend finde immer mehr (auch in unterschiedlichen) zu lernen. Außerdem wollte ich mithelfen, unser Wissen zu erweitern. Allerdings wollte ich dabei gern etwas machen, was mehr direkten Impact für die Menschheit hat und ich leichter erklären kann. Also tatsächlich etwas, was zum Beispiel auch meine Oma versteht.
So bin ich in den Bereich der Bio- und Medizinphysik gekommen – genauer gesagt in der Knochenforschung. Dabei benutze ich Methoden aus der Biologie, Materialwissenschaft und Physik. Ich arbeite auch mit Leuten aus den verschiedenen Bereichen zusammen, was immer etwas Dolmetscherfähigkeiten benötigt. Danach hatte ich das Glück eine Stelle als Doktorandin am Max-Planck-Institut für Kolloid- und Grenzflächenforschung in der Abteilung Biomaterialen zu bekommen und bin seitdem eingeschriebene Promotionsstudentin in der Physik der Uni Potsdam.
…was fasziniert dich an der Wissenschaft?
Ich bin immer wieder überrascht, was wir alles nicht wissen. Die Wissenschaft versucht immer mehr Phänomene aus unserem Alltag zu erklären und unser Leben einfacher zu machen. Wissenschaft ist vielseitig. Im Grunde bietet die Wissenschaft die Möglichkeit, sich wie ein kleines Kind hinzustellen, Fragen zu stellen und zu versuchen, diese zu beantworten. Warum ist der Himmel blau? Was passiert auf der Sonne? Warum ist Spinnenseide so fest und warum können wir sie bisher nicht nachmachen? Woraus besteht Knochen und was können wir tun um ihn zu unterstützen?
…wie bist du auf das Format Science Slam gekommen?
Schon während meiner Schulzeit habe ich auf der langen Nacht der Wissenschaften Science Slams erlebt und fand es beeindruckend, wie man in kurzer Zeit Dinge aus verschiedenen Fachgebieten erklärt bekommen kann. Während meines Masterstudiums habe ich mich dann viel mit Wissenschaftskommunikation beschäftigt und bei der Organisation von Veranstaltungen geholfen. Während meiner Promotion habe ich dann angefangen, bei eben diesen Veranstaltungen (Kurz-)Vorträge bei verschiedenen Formaten zu halten. Irgendwann hat mich dann ein Freund gefragt, ob ich nicht bei einem Science Slam mitmachen wöllte. Das habe ich gemacht und es macht mir sehr viel Spaß!
…worum ging es in deinem Slam?
In meinem Slam habe ich die Grundlagen meiner Doktorarbeit vorgestellt und dabei den Knochen mit dem Terminator verglichen. Der Terminator ist so konzipiert, dass er die ihm gestellten Aufgaben erfüllen kann. Er besteht daher im Inneren aus einer sehr harten Legierung und wird von Mikroprozessoren gesteuert. Umgeben ist dieser widerstandsfähige Aufbau von lebendem Gewebe: Fleisch, Haut, Haare und Blut. Darüber hinaus kann er sich selbst reparieren.
Knochen hat einen vielschichtigen Aufbau, deren Grundlage Kollagenfasern mit eingebetteten Kristallen sind. Diese organisieren sich selbst zu einer Struktur die den Knochen möglichst widerstandsfähig macht. Gleichzeitig kann sich Knochen aber immer wieder den äußeren Begebenheiten anpassen und sogar selbst reparieren – sogar nach Knochenbrüchen. Machen wir Sport, bekommen wir ein bisschen dickere Knochen. Hören wir damit auf, wird mehr Knochen abgebaut. Dieser Auf- und Abbau wird von speziellen Knochenzellen gesteuert – also den Mikroprozessoren des Knochens. Um die äußeren Einflüsse wahr zu nehmen und weiter zu kommunizieren, liegen die Knochenzellen in einem fein ausgebildeten Netzwerk.
Ich versuche nun herauszufinden, ob es Zusammenhänge zwischen den Eigenschaften des Zellnetzwerks und der Knochenqualität gibt. Sollte, dass der Fall sein, könnte man vielleicht Medikamente für Knochenkrankheiten entwickeln, die über diese Zellen die Qualität der Knochen verbessern.
…denkst du Wissenschaft, insbesondere dein Forschungsfeld, braucht mehr Bühne?
Ja, ich glaube, es ist sehr wichtig, dass die Forschung nach außen getragen wird und mehr Menschen mitbekommen, was in der Forschung passiert und was der aktuelle Stand der Forschung ist. Gerade im Bezug zur Gesundheit und dem menschlichen Körper gibt es noch viele Ansichten, die sich auf Erzählungen und Erfahrungen älterer Generationen beziehen. Zum Beispiel müssen Menschen für gute Knochen und Zähne keine Kuhmilch trinken. Wir müssen es also besser schaffen unsere Forschungsergebnisse zu kommunizieren. Gleichzeitig helfen aber auch die Fragen von außen unser Forschung besser zu verstehen und neue Projekte von Relevanz zu finden.
…bietet dir das Land Brandenburg ein gutes Umfeld, um zu studieren und zu forschen? Warum hier?
Ich fand das Physikstudium an der Universität Potsdam sehr gut und hätte im Nachhinein auch besser den Master dort absolviert. Wir hatten und haben
- ein relativ neues Gebäude mit moderner Ausstattung sowie
- junge Professor*innen, die offen für neues sind und sich für ihre Studierenden interessieren.
Schon während des Bachelorstudiums konnten wir Einblick in aktuelle Forschungsthemen bekommen und hatten regelmäßig die Möglichkeit Labore anzuschauen. Jetzt in der Promotionsphase und auch danach, genieße ich vor allem auch die Vorteile der vielen Hochschulen und Forschungseinrichtungen in Brandenburg (und Berlin), die dazu führen, dass ich mich mit Experten verschiedener Fachdisziplinen austauschen kann, für Messungen nicht weit reisen muss. Ich konnte mir sogar die Universität frei aussuchen, an der ich meine Promotion einreiche.
Danke für deine Antworten und viel Erfolg weiterhin!
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